Indianerreservationen

Indianerreservationen
Indianerreservationen,
 
die den Indianern vorbehaltenen Siedlungsgebiete. Ihre Errichtung geht auf die Praxis der englischen Kolonisatoren in Nordamerika zurück, Land der Indianer durch Verträge zu erwerben, wodurch gleichzeitig besondere und teilweise hoheitlichen Rechte der autochthonen Völker auf dem ihnen verbliebenen Land anerkannt wurden. Einige der aus dem 17. Jahrhundert stammenden Reservationen in Neuengland und Virginia bestehen bis heute unter der Obhut der betreffenden Bundesstaaten. Ab 1786 wurden in den USA weitere Indianerreservationen errichtet. Aufgrund eines 1830 vom amerikanischen Kongress verabschiedeten Umsiedlungsgesetzes (Indian Removal Act) deportierte man viele Stämme aus dem östlichen Nordamerika in das Gebiet westlich des Mississippi (u. a. die im Südosten beheimateten Cherokee, Chickasaw, Choctow, Creek, Seminolen, die späteren »Fünf Zivilsierten Stämme«); besonders bekannt wurde die opferreiche Zwangsumsiedlung der Cherokee (1838/39, »Zug der Tränen«) in das von der US-Regierung als indianisches Wohngebiet 1837 eingerichtete Indianerterritorium. Die USA setzten die Vertragspolitik mit den Indianerstämmen bis 1870 fort, danach wurden Indianerreservationen nur noch durch Verfügung des Präsidenten eingerichtet. Verschiedene Stämme widersetzten sich den - mitunter mehrfachen - Umsiedlungsaktionen (z. B. die Nez Percé) und der Einweisung in zum Teil karge Landstriche. Auf Druck der weißen Siedler wurde das Indianerterritorium bis 1889 wiederholt verkleinert, schließlich 1907 dem Staat Oklahoma angegliedert. 1887 versuchte man per Gesetz (General Allotment Act) die im Gemeineigentum befindlichen Indianerreservationen aufzulösen und in Privateigentum umzuwandeln, was weitgehend missglückte, aber zum indianischen Landverlust beitrug. Ein weiterer Umwandlungsversuch scheiterte in den 1950er-Jahren.
 
Die anfangs strikte Bevormundung der Bewohner der Indianerreservationen durch das (1824 gegründete) staatliche Bureau of Indian Affairs hat weitgehender Selbstverwaltung Platz gemacht. Die größte der 278 Indianerreservationen in den USA ist die der Navajo (Arizona, New Mexico, Utah) mit 62 970 km2, die kleinsten umfassen gerade 0,4 ha. Entsprechend unterschiedlich sind die Lebensbedingungen, doch zählen hohe Arbeitslosigkeit, mangelhafte Wohnverhältnisse und soziale Probleme zu den eher typischen Merkmalen. Etwa ein Drittel der autochthonen Bevölkerung der USA lebte 1990 in oder in der Nähe der Reservationen.
 
Die meisten der überwiegend sehr kleinen 2 250 Indianerreservationen in Kanada gehen auf 11 Verträge zurück, welche die Regierung zwischen 1871 und 1921 mit den Stämmen geschlossen hat. Auch hier üben gewählte Stammesräte Selbstverwaltungsrechte aus. - Brasilien schuf erst 1962, nach nordamerikanischem Vorbild, die erste Indianerreservation. Das brasilianische Indianerstatut von 1973 unterscheidet: a) Reservationen, d. h. Zonen indianischen Landeigentums; b) großräumige Indianerparks, in denen zudem eine gewisse Autonomie der traditionellen Institutionen (z. B. des Häuptlings) und die Erhaltung der Umwelt garantiert werden; c) landwirtschaftliche Kolonien als für Indianer und Weiße offene Genossenschaften mit gesichertem Bodeneigentum; d) Indianer-Bundesterritorien. Durch die Behörden wurde jedoch die rechtskräftige Festlegung weiterer Siedlungsräume verschleppt. 1981 waren erst 14 % der infrage kommenden Gebiete vermessen. Seither wurden über 50 (teils bewaffnete) Konflikte zwischen weißen Siedlern und Indianern wegen der unklaren Rechtslage registriert.
 
 
Indian reservations. A state and federal handbook (Jefferson, N. C., 1986);
 K. Frantz: Die I. in den USA (1993).
 
Weitere Literatur: Indianer.

Universal-Lexikon. 2012.

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